
Stefan Moritsch ist als Designer sowohl Praktiker als auch Universitätslehrender. Der Peter- Bruckner-Schwiegersohn hat in der „Metallklasse“ an der Angewandten in Wien Design studiert und dort auch seine Frau, Katharina Bruckner, kennengelernt. Als Peter Bruckner noch aktiv war, unterstützte er das von Moritsch und Bruckner 2005 gegründete Designbüro bkm design working group beim Bau von Prototypen und mit seinem Netzwerk. Der Handwerker wurde gewissermaßen zum Vorbild für das, was Moritsch seit 2013 seinen Studierenden im Bachelor-Studiengang Design, Handwerk & materielle Kultur an der New Design University in St. Pölten näherbringen möchte. „Ich habe Peter Bruckner als Schlosser mit blauem Arbeitsmantel und zerrissenen Hosen kennengelernt, aber rasch verstanden, dass er ein exzellenter Designer ist, der sich sein ganzes Arbeitsleben lang mit Fragen der Gestaltung auseinandergesetzt hat.“
Ob sich Bruckner selbst als Designer bezeichnen würde, ist fraglich. Zum einen wollten Stefan Moritsch und Katharina Bruckner diesen reichen Erfahrungsschatz angehenden Designer*innen ebenso wie Handwerker*innen mit Zug zur Gestaltung nicht vorenthalten, zum anderen ging es den beiden explizit darum, „Gestaltung und Produktion neu in Beziehung zu setzen“. Dabei geht es auch ein Stück weit um die Korrektur der Vorstellung, dass es möglich ist, mit einem Geistesblitz und wenigen Strichen genialische Produktentwürfe aus dem Ärmel zu schütteln und mit deren Produktion dann nichts mehr zu tun haben zu müssen. Dieses Design gibt es in der Realität so nicht, wenngleich nachvollziehbar ist, dass Industriedesign und Massenproduktion voneinander losgelöst nebeneinander existieren können. Es gab immer auch Menschen an der Schnittstelle zwischen Design und Produktion, wie Peter Bruckner einer ist. Handwerker*innen, die mit Materialeigenschaften und Produktionsmitteln ebenso vertraut sind wie mit Gestaltungsprinzipien. Dadurch sind diese Menschen, die Designkompetenz und Produktionswissen verbinden können, in der Lage, „Lösungen zu entwickeln, die jemand nicht finden kann, der nicht imstande ist, seine Entwürfe auch zu bauen.“ Moritsch beschreibt diesen Typus als „produzierenden Gestalter“ – jemanden, der sowohl entwirft als auch umsetzt. Man könnte ihn ebenso „gestaltenden Produzenten“ nennen, je nachdem, ob der Schwerpunkt stärker auf der Form oder der Fertigung liegt. Verklärung und Romantisierung gibt es in Moritschs Blick auf diesen Typus aber nicht. Wenn Inspiration, durchdachte Gestaltung und kompetentes Handwerk einander die Hand geben, kann aber nachhaltige Qualität entstehen.
Materielle Kultur und Gestaltung
Im Handwerk sind Kulturtechniken aggregiert, die sich über Jahrtausende hindurch entwickelt haben. Man spricht in diesem Zusammenhang auch von „materieller Kultur“. Designer*innen sind gut beraten, sich bei den Ausführenden dieser materiellen Kultur zu informieren und sich deren Wissen anzueignen. Handwerk ist jedoch kein Relikt einer vergangenen Zeit, ganz im Gegenteil. „Vitales Handwerk hat sich stets den ökonomischen Rahmenbedingungen angepasst, sich weiterentwickelt, Nischen gefunden und neue Technologien integriert“, sagt Moritsch.
Designerinnen und Designer werden sich auch zunehmend ihrer Mitverantwortung für ökologische Zerstörung, soziale Spaltung und digitale Ausbeutung bewusst. Regionalität und Kreislaufwirtschaft werden immer öfter im Designprozess mitgedacht und in der Designlehre thematisiert. Es besteht durchaus Hoffnung, das neues Design aus den Fehlern der Vergangenheit lernt und einen konstruktiven Beitrag zu den immer offensichtlicher und komplexer werdenden Herausforderungen unserer Zeit leisten kann. Das Handwerk mit seiner ganzheitlichen und pragmatischen Perspektive auf Gestaltung, Produktion und Verwertung kann als Orientierungshilfe dafür dienen, wie die Transformation unserer materiellen Kultur gelingen kann.
Text: Marian Kröll

