
Eine Immobilie zu kaufen, gehört zu den finanziell bedeutendsten Entscheidungen im Leben. Gleichzeitig ist kaum ein Rechtsbereich so unübersichtlich wie das Immobilienrecht: Grundbuch, Finanzierung, Nutzungsrechte, Gewährleistung, Baurecht – viele Käufer*innen fühlen sich mit der Fülle an Informationen schnell überfordert. Fehler passieren daher vor allem dann, wenn Entscheidungen unter Zeitdruck getroffen werden oder man sich auf unvollständige Informationen verlässt.
In unserer täglichen Arbeit sehen wir immer wieder dieselben problematischen Muster – Fehler, die oft leicht vermeidbar wären, aber enorme wirtschaftliche Schäden verursachen können. Die folgenden fünf gehören zu den schwerwiegendsten.
1. Kaufen ohne vollständige Unterlagen – der Klassiker
Viele Entscheidungen werden allein aufgrund einer Besichtigung oder eines Exposés getroffen. Doch oft können wichtige Informationen über eine Immobilie nicht in einem Inserat aufgelistet werden, sondern sind erst in speziellen Urkunden zu finden. Und davon gibt es einige: Grundbuch, Nutzwertgutachten, Wohnungseigentumsvertrag, Baubescheid, Protokolle der Eigentümerversammlungen, Betriebskostenabrechnungen etc. – die Liste ist lang, aber absolut entscheidend.
EIN BEISPIEL AUS UNSERER PRAXIS: Eine Käuferin entschied sich für eine Wohnung mit „riesigem Garten“, bis das Nutzwertgutachten zeigte, dass ein erheblicher Teil des Gartens gar nicht dieser Wohnung zugeordnet war. Ein teurer Irrtum – aber ein häufiger.
UNSER RAT: Keine Entscheidung ohne vollständige Unterlagen – und ohne professionelle Prüfung.
2. Die Immobilie nicht gründlich besichtigen – oder nur „gefühlt“ prüfen
Fotos und schöne Grundrisse können täuschen. Genauso der erste Eindruck. Besonders heikel ist es, wenn Anlageobjekte ohne Besichtigung gekauft werden – ein Phänomen, das erstaunlich häufig vorkommt, besonders bei vermeintlichen „Schnäppchen“. Dabei offenbaren persönliche Besichtigungen Dinge, die kein Inserat zeigt
• Feuchtigkeit
• Schimmel hinter frisch ausgemalten Wänden
• alte Leitungen
• marode Dächer
• Lärmquellen, die erst am Abend hörbar werden
UNSER RAT: Lassen Sie sich professionell begleiten. Ein Bausachverständiger erkennt Mängel, die dem Laien verborgen bleiben. Die Investition von einigen hundert Euro spart oft fünfstellige Beträge.
3. Die Nachbarschaft ignorieren – ein unterschätzter Risikofaktor
Die Lage entscheidet, ob wir uns in einer Immobilie langfristig wohlfühlen. Gemeint ist aber nicht nur die Infrastruktur, sondern vor allem die unmittelbare Nachbarschaft. Gerade in Wohnanlagen kann ein einziger schwieriger Miteigentümer Umbaupläne verhindern, Konflikte auslösen oder den Wert einer Wohnung erheblich schmälern. Besonders heikel sind folgende Situationen:
• Für Umbauten braucht man die Zustimmung der Miteigentümer*innen.
• Zukünftige Bauprojekte in der Nähe können die Wohnqualität drastisch verändern.
• Hellhörige Wohnungen werden oft erst abends zum Problem.
• Schlechte Stimmung in der Eigentümergemeinschaft wirkt sich direkt auf die Lebensqualität aus.
UNSER RAT: Vorab mit Nachbarn sprechen, Protokolle der Eigentümerversammlungen lesen und, wenn möglich, abends nochmals in der Wohnung vorbeischauen.
4. Kaufverträge unterschreiben, die man nicht vollständig versteht
Kaufverträge sind heute komplexer denn je. Sie enthalten Gewährleistungsklauseln, Übergaberegelungen, Fristen, Treuhandbestimmungen, Regelungen zu Pfandrechten, Nutzungsvereinbarungen und steuerliche Themen. Fehler entstehen vor allem durch:
• unklare Formulierungen
• einseitige Haftungsbestimmungen
• fehlende Regelungen zur Übergabe
• nachteilige Treuhandbestimmungen
• fehlende Klarstellung zur Löschung von Lasten
Viele Käufer*innen und auch Verkäufer*innen vertrauen darauf, dass „schon alles seine Richtigkeit hat“, ohne Verträge wirklich genau zu verstehen.
UNSER RAT: Jeder Vertrag muss verständlich sein – und wirtschaftlich sinnvoll. Verstehen Käufer*innen ihre Verträge, treffen sie bessere Entscheidungen.
5. Das eigentliche Risiko unterschätzen: fehlende rechtliche Klarheit
Viele glauben, der größte Fehler sei der „teure“ Kaufpreis. In Wahrheit sind es oft rechtliche Unsicherheiten, die den Kauf zur Kostenfalle machen: nicht eingetragene Rechte, fehlende Widmungen, strittige Grenzen, vermietete Objekte ohne klare Übergaberegelung oder baurechtliche Verstöße, die zu nachträglichen Auflagen führen können.
EIN BEISPIEL: Ein Käufer erwarb ein Einfamilienhaus, dessen Dachgeschoss ausgebaut war – allerdings nicht bewilligt. Erst als der Nachbar bauen wollte, stellte die Behörde die Verletzung der Bauvorschriften fest. Das Ergebnis: ein teurer Rechtsstreit und ein verpflichtender Rückbau.
UNSER RAT: Solche Fälle lassen sich vermeiden. Rechtliche Klarheit ist kein bürokratischer Luxus – sie ist der Schlüssel zu einer sicheren Investition.
Text: Dr. Dan Katzlinger, www.dk-legal.at

