
Viktoria Fahringers Leidenschaft hat Wurzeln. Der Vater, ein Haubenkoch, lernte von seiner Großmutter auf dem Bauernhof in Kössen das Handwerk, das Herz und die Geduld fürs Kochen. Die Mutter, ursprünglich aus der Steiermark, brachte die Liebe zum Gärtnern mit – und den Sinn für das, was wächst und gedeiht. Viktoria ist das jüngste von drei Kindern, ein Energiebündel und stand bereits als Kind immer gern am Herd. Schon im Alter von rund vier Jahren war sie überzeugt, „dass man aus Schlagobers alles machen kann“. So erzählt sie es in ihrem Film „Meine Tiroler Welt“, der parallel zu ihrem ersten Kochbuch erschien, das denselben Titel trägt.
Vom Wirtshauskind zur Haubenköchin
Es waren Viktoria Fahringers Eltern Christa und Franz, die den Tiroler Hof in Kufstein vor vielen Jahren gekauft und komplett verwandelt haben. Viktoria ist dort aufgewachsen, war stets mittendrin. Zwischen Mama, Papa und den Gästen. Wenig verwunderlich, dass auch sie eine Ausbildung zur Köchin machte. Sie war in Frankreich und Deutschland unterwegs, mit 20 Jahren übernahm sie schließlich den elterlichen Tiroler Hof und machte daraus „Viktorias Home“, ein Haus, das Tradition atmet und gleichzeitig neue Wege geht. Fine Dining trifft auf Wirtshausküche, Vater und Tochter Seite an Seite am Herd. Zwei Generationen, zwei Handschriften – und doch ein gemeinsamer Klang. Dann kam die Frage, die alles veränderte: Was ist eigentlich deine Handschrift? Viktoria musste nicht lange überlegen. „Ich bin zurückgegangen in die Tiroler Küche, dorthin, wo Geschmack nicht laut ist, sondern ehrlich. Wo man mit wenigen Dingen etwas Besonderes schafft und wo ein gemeinsames Essen vielleicht alles löst.“ Und sie schrieb ihr Kochbuch mit dem passenden Namen „Meine Tiroler Welt“.
Tirol mit allen Sinnen
Für ihr Kochbuch – und den dazugehörigen Film – machte sich Viktoria auf eine Reise quer durch ihr Tirol. Sie wollte wissen, wo ihre Zutaten herkommen und wer die Menschen sind, die sie mit so viel Hingabe produzieren. Sie besuchte Salzmacherin Johanna Jenewein von Essenz der Alpen, die Sie auch in der heurigen Kulinarik-Ausgabe der eco.nova kennengelernt haben (hier reinschauen), Biobauer Albert Brunner und seine Familie, die in der Käserei Plangger in Niederndorf aus der Milch – und der von vielen anderen – wunderbaren Käse produzieren, Gemüsebauer Romed Puelacher vom Kotterhof in Thaur, Schäferin Bettina Haller in Aurach, die Landwirte Andreas und Magdalena Eisenmann vom Demeterhof Knolln in Söll, Florian Reich und seine Kälber in Längenfeld und die Macher der herrlichen Tiroler-Edle-Schokolade, die mit ihrer Hof-Schokolade eine ganz besonderes Exemplar im Sortiment haben, wurde dafür doch ein handgeschriebenes Schokoladenrezept aus dem Jahr 1760, wiederentdeckt im Archiv der Innsbrucker Stadtapotheke, von Hansjörg Haag neu zum Leben erweckt. Quasi selbstredend gibt es zu allen Lebensmitteln die passenden Rezepte gleich dazugeliefert. „Kein.Beef.Tatar“ zum Beispiel, bestehend aus Auberginen und Rohnen. Klassische Käsespätzle und Kaspressknödel, Pulled Lammbrust, Saftgulasch oder eine Schokoladen-Soufflé-Tarte, in die man sich am liebsten hineinlegen würde.
Viktoria Fahringers Küche ist keine, die stehenbleibt. Sie ist leicht, offen, neugierig – und zugleich tief verwurzelt. Sie feiert das Einfache, das Ehrliche, das Echte. „Wenn ich an die Tiroler Küche denke, sehe ich zwei Bilder vor mir: Da sind zum einen die, auch touristisch geprägten, Klassiker wie Kaspressknödel oder Kaiserschmarren. Sehr bekannte Gerichte, bei deren Erwähnung alle sofort einen Geschmack auf der Zunge haben. Und dann gibt es die andere Seite Tirols: meine ganz persönliche Vision. Sie ist tiefgründiger, kantiger, rauer. Sie erzählt Geschichten, die sich nur offenbaren, wenn man genauer hinhört. Sie lebt vom Erinnern an Traditionen und vom Wunsch, sie gleichzeitig zu bewahren, weiterzuentwickeln und sichtbar zu machen“, steht im Vorwort zu ihrem Buch, das sie im Übrigen komplett selbst geschrieben hat.
Mit nicht einmal 30 Jahren gilt Viktoria Fahringer als österreichisches Ausnahmetalent. 2024 wurde sie zur Köchin des Jahres gekürt, gemeinsam mit Köchin Sandra Scheidl, Patissière Jaimy Reisinger und Sommelière Helena Jordan gründete sie „Kuliktiv“, um ein Zeichen für Frauen in der Branche zu setzen. Heuer erschien ihr erstes Kochbuch als Liebeserklärung an ihr Land, ihre Wurzeln und an das, was sie jeden Tag antreibt: die Freude am Kochen und am Teilen.
Text: Marina Bernardi
Fotos: Oliver Hörzinger/Solid Shot
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Meine Tiroler Welt
Viktoria Fahringer, Brandstätter Verlag, 224 Seiten, EUR 36,–
In ihrem Kochbuch kombiniert Viktoria Fahringer wunderbare saisonale Wohlfühlrezepte mit Reportagen über Land und Leute. QR-Codes führen immer wieder zu praktischen Tipps in Videoform. Oliver Hörzinger sorgt für die passenden Fotos.
Hier geht’s zum Film.

