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Life

Wander, weiter

13.4.2023

Er schlängelt sich hoch über dem Tiroler Inntal gen Osten, vom Patscherkofel bis zum Kellerjoch: Der Inntaler Höhenweg führt zwischen 1.800 und 2.800 Metern durch die unberührten Berglandschaften der stillen Tuxer Alpen. Einerseits liegt einem hier das dicht besiedelte Inntal zu Füßen, wo rege Betriebsamkeit herrscht, andererseits erlebt man die idyllische Bergeinsamkeit, die vielerorts kaum menschliche Einflüsse vermuten lässt. Deshalb ist das Gebirge ein idealer Rückzugsort, um abzuschalten und zu sich selbst zu finden.


Aufsteigen, um runterzukommen

Schon Friedrich Nietzsche ließ seinen Zarathustra zum Nachdenken den Berg aufsuchen. „Ich bin ein Wanderer und ein Bergsteiger, sagte er zu seinem Herzen, ich liebe die Ebenen nicht und es scheint, ich kann nicht lange still sitzen. Und was mir nun auch noch als Schicksal und Erlebnis komme, – ein Wandern wird darin sein und ein Bergsteigen: man erlebt endlich nur noch sich selber“, ließ er seinen Protagonisten dort sagen. Tatsächlich ist dieses Auf-sich-selbst-Zurückgeworfen-Sein, das man trefflich beim mehrtägigen Wandern erleben kann, ein äußerst intensives Gefühl, das mitunter auch ambivalent sein kann. Ein Bestandteil dieses erhebenden Zustandes ist die Besinnung auf das Wesentliche, auf das, was man mit sich führen kann. Der Ballast, der auf der Seele lastet, wird im Zuge des Gehens leichter, der tatsächliche Rucksack mit den notwendigen Dingen dagegen nicht. Deshalb sollte man beim Packen Sorgfalt und Zurückhaltung walten lassen. Das Gute: Der Inntaler Höhenweg ist keine Selbstversorger-Hüttentour, sondern einen Höhen-Genusswanderung. In den Rucksack muss also wirklich nur das Nötigste, denn alle Hütten sind bemüht, ihre Gäste mit regionalen Produkten und lokaler Küche zu versorgen. Um sicherzugehen, ist eine vorherige Reservierung dringend empfohlen.

Rund sechs Tage ist man am „Inntåler“ unterwegs. Dabei legt man rund 73 Kilometer und 5.300 Höhenmeter zurück. Das ist nicht nichts. Wie immer am Berg ist eine gute Planung essenziell, wie auch Bergführer Roland Mayrhofer nicht müde wird zu betonen: „Das wichtigste ist eine durchdachte Tourenplanung und man sollte sein eigenes Können gut einschätzen können. Gerade am Berg ist es wichtig, sich gut vorzubereiten. Man muss wissen, wo man unterwegs ist, wie schwierig die Tour und die Etappen sind, wie das Wetter wird – vor allem bei längeren Touren. Und es braucht eine zeitgemäße Ausrüstung.“


Vom Glück des Gipfels

Der Boom zum Wandern ist auch dem Bergführer nicht verborgen geblieben, vielmehr noch jener hin zum Klettersteig. „In ganz Tirol sind in den vergangenen Jahren viele Klettersteige entstanden, das kommt nicht von ungefähr“, sagt Mayrhofer. Genutzt werden diese von Einheimischen wie Touristen gleichermaßen. Gerade zu Beginn macht es dabei Sinn, sich professionelle Unterstützung zu holen und sich von Bergerfahrenen anleiten zu lassen – gerne in Form von zwei- oder dreitägigen Camps, die einen guten Überblick bieten, über alles, was man übers (Hoch-)Gebirge wissen muss. „Danach ist man ganz gut in der Lage, selbständig Touren zu planen und durchzuführen“, so Mayrhofer.

Vor allem am Klettersteig ist das richtige Material wichtig. „Oft sehe ich Menschen, die zwar körperlich fit aber mit Material unterwegs sind, dass es mir die Haare aufstellt. Das kann gefährlich werden, vor allem, wenn man mit Kindern unterwegs ist. Manchmal sind die Leute echt am Limit, das sollte man tunlichst vermeiden. Auch hier hilft ein vorheriger Kurs, damit man gezeigt bekommt, was am Berg zu tun ist und wie man sich richtig verhält.“

Eine Möglichkeit, alle Grundlagen rund ums Klettersteiggehen vermittelt zu bekommen, ist das zweieinhalbtätige Einsteigercamp „Gipfelglück hautnah erleben“ auf der Lamsenjochhütte, das alpines Wandern mit Klettersteigerlebnissen verbindet. „Die Wanderungen sind gespickt mit tollen Klettersteigpassagen, belohnt wird man mit einem atemberaubenden Panorama am Gipfel mit Blick in die Tuxer Alpen und das Karwendel“, erklärt Mayrhofer, der das Camp leiten wird: „Schon die Lamsenjochhütte selbst liegt genial.“ Etwas anspruchsvoller als der klassische Normalweg auf die Lamsenspitzte ist der Brudertunnel-Klettersteig, dessen Einstieg nahe der Hütte liegt: „Der Steig führt durch steile Wandfluchten, vor allem aber ist der Ausstieg durch den Felsdurchschlupf extrem spektakulär. Man kommt raus und steht auf einmal am Kar.“



Text: Marina Bernardi

Fotos: Tom Bause

Aus: Dahoam Sommer 2022

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