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Schwere Harmonien

1.8.2023

Am 11. Mai 2023 verlor Tirol einen Gipfel. Einfach so. Die Bilder der Gesteinsmassen, die vom stolzen Fluchthorn abbrachen und sich ins Tal – das Jamtal – schoben, verursachten nicht nur in Galtür leicht gruselige Schauer. Der Felssturz ließ das ursprünglich 3.398 Meter hohe Fluchthorn schrumpfen. Und mit ihm schrumpfte der letzte blauäugige Zweifel daran, dass auch Tirol vom Klimawandel betroffen ist, gegen null. Denn rasch wurde der schwindende Permafrost ins Spiel gebracht, der einmal getaut Erdrutsche und Steinschläge verursachen und fest Geglaubtes zerbröckeln lassen kann – auch den festen Glauben an das Kontrollierbare und Planbare.

„Der alpine Mensch war immer mit Naturgefahren konfrontiert und wird es immer bleiben“, hatte der ehemalige Tiroler Landesgeologe Günther Heißel beispielsweise im Sommer 2013 festgestellt, nachdem wieder einmal Wassermassen in die Wohnzimmer Deutschlands und Österreichs geschwappt und der Felbertauern nicht lange vorher wegen eines gigantischen Felssturzes unpassierbar geworden war. Dass bei Extremwetterereignissen Berge explodieren und kleine Bächlein zu reißenden Flüssen mutieren können, sind keine unbekannten Phänomene. Doch hat sich in den vergangenen zehn Jahren der Blick darauf verändert und die Natur zeigt immer öfter ihre Zähne. Überall auf der Welt und auch in Tirol beißt sie mit ihren Reaktionen auf das Klimachaos allzu liebgewonnenen Verlässlichkeiten schmerzhaft in den Hintern und erhöht den Veränderungsdruck massiv. Vor allem für die heimische Tourismusbranche, die multiple Herausforderungen stemmen muss – und das echt schnell.

Alpine Lebensräume

Ohne Hochglanz-Werbebrille wird da ein echt großer Brocken sichtbar, der – befeuert durch das zwischenzeitlich unerlässlich gewordene Bekenntnis zu Natur-, Umwelt- und Lebensraumschutz genauso wie durch fehlende Mitarbeiter*innen – schwer zu erklimmen oder abzubauen ist. Trotzdem Tirol auf eine „solide Wintersaison 2022/23“ mit 23,2 Millionen Nächtigungen, 5,1 Millionen Ankünften und einer Wertschöpfung von 3,5 Milliarden Euro zurückblicken kann, stehen epochale Grundsatzentscheidungen an.

Denn die Spirale wirkt höllisch und höllisch schwer scheint es, ihr zu entkommen. Dabei hat der Aberwitz der Entwicklungen zahlreiche Facetten. Jene Täler und Ortschaften etwa, die sich mit Haut und Haaren dem Tourismus verschrieben haben, taten dies ursprünglich, um die Abwanderung der Bevölkerung, die zu Wirtschaftsflüchtlingen zu werden drohte, zu verhindern. Es klappte. Der Fremdenverkehr brachte Wohlstand und das Wachstum schien nicht enden zu wollen. In diesem Glauben steckt viel brandaktueller Aberwitz, sind die ursprünglich durch den Tourismus geretteten Täler doch neuerlich von einer Abwanderung der Bevölkerung bedroht und die Bedrohung durch den Schwund an Mitarbeiter*innen ist für Tourismusunternehmen längst Fakt.

Die Teilhabe am System ist schwerer geworden, die Rahmen enger, die Chancen geringer und die Abhängigkeiten größer. Eine Fortsetzung der Spirale, welche die Alpen nicht allein, sondern als Teil des Globus in die Mangel nimmt, könnte in der tristen Aussicht enden, die Alpenforscher Werner Bätzing als „furchtbar“ beschreibt. Bätzing hatte in seinem 2015 erschienenen Buch „Zwischen Wildnis und Freizeitpark“, das er „Streitschrift zur Zukunft der Alpen“ nannte, eine rasche Trendwende gefordert – wenn denn die alpenspezifischen Lebens- und Wirtschaftsformen erhalten bleiben sollen. „Ein permanentes Wachstum geht weder in den Alpen noch auf der begrenzten Erde. Dies ist aber die zentrale Ideologie seit der Industriellen Revolution, die korrigiert werden muss“, so der Kulturgeograf.

Jüngst erst machte er in einer den Folgen der Erderwärmung gewidmeten Deutschlandfunk-Sendung darauf aufmerksam, dass das Leben in den Alpentälern aufgrund der vermehrten Steinschläge, Felsstürze, Muren und Hochwasser schwieriger geworden ist. „Die Schäden, die ausgelöst werden, sind extrem teuer und wir haben seit 20 Jahren dieses neoliberale Denken in der Politik“, verwies Bätzing darauf, dass staatliche Ausgaben prioritär dort passieren, wo sie vielen Menschen zugutekommen, und hielt fest: „Im Alpenraum leben aber vergleichsweise wenig Leute – wenn dann eine Straße für 80 bis 120 Menschen um Millionen wiederhergestellt werden muss, gibt es Stimmen, die sagen, das ist keine sinnvolle Ausgabe von Staatsgeldern.“

Vor dem Hintergrund kann es schlimmstenfalls dazu kommen, dass aus Kostengründen entlegene Alpentäler aufgelassen werden und die Alpen als dezentraler Lebens- und Wirtschaftsraum nicht mehr existieren. „Wo touristische Interessen sind, werden die Infrastrukturschäden natürlich repariert – mit einem extrem großen Aufwand. Aber dort, wo wir keinen oder kaum Tourismus haben, nicht“, sagt Bätzing und plädiert für den Erhalt der dezentralen Strukturen und der finanziellen Spielräume für die Gemeinden, eben um auch jene alpinen Lebensräume zu erhalten, die nicht zu den rund 300 Gemeinden zählen, auf die sich der gesamte Alpentourismus konzentriert. In diesbezüglich weniger „ertragreichen“ Regionen ist die Gefahr gering, an das grenzenlose Wachstum zu glauben. Denn die Auswirkungen der von Bätzing beschriebenen, auf urbane Zentren konzentrierten Politik sind längst spürbar. Auch in Österreich. Auch in Tirol. Das aktuelle Pochen der österreichischen Gemeinden um endlich mehr und den Aufgaben angemessenes Geld aus dem Finanzausgleich ist nur ein Zeichen dafür.

Grenzen des Wachstums

Die Grenzen des Wachstums waren auch Thema, als im Mai 2022 erstmals der Vitalpin KlimaInvestment-Preis vergeben wurde. Die geflügelten Worte gehen auf eine Studie des Club of Rome zurück, die 1972 veröffentlicht wurde und die der Zukunft der Weltwirtschaft gewidmet war. Dass die Grenzen des Wachstums auch 50 Jahre später immer noch nicht ganz ausgelotet zu sein scheinen, respektive nicht effektiv gesteckt und bei der Verleihung des Förderpreises für nachhaltiges Wirtschaften im Alpenraum diskutiert wurden, liegt wohl am Spannungsfeld an sich, aber auch daran, dass mit Ernst Ulrich von Weizsäcker der Co-Präsident des Club of Rome auf dem Vitalpin-Podium saß. Die Tatsache, dass der Club of Rome sich schon seit 1968 für eine nachhaltige Zukunft der Menschheit einsetzt, zeigt, wie alt die Erkenntnisse und Rettungsversuche sind, denen sich der Verein Vitalpin verschrieben hat.

Der Verein mit Sitz in Innsbruck und Blick weit über die Tiroler Landesgrenzen hinaus wurde im April 2019 als internationale Interessengemeinschaft ins Leben gerufen, die sich als neue Bewegung für Menschen und Unternehmen in den Alpen versteht, die von und mit dem Tourismus leben. Vitalpin möchte – so die Eigendefinition – im Dialog die Tourismusgesinnung positiv beeinflussen, damit auch in Zukunft touristische Projekte umgesetzt und damit Chancen für die Menschen in den Alpen geschaffen werden. „Ohne wirtschaftliche Infrastruktur keine Lebensgrundlage in den Alpen. Ohne Innovation keine Entwicklung in den Alpen. Ohne intakte Natur keine Lebensqualität in den Alpen. Ohne lebendige Kultur keine Seele in den Alpen. Ohne gleichwertige Berücksichtigung der Bereiche Mensch, Wirtschaft und Natur keine ausgewogene Sichtweise auf die Zukunft in den Alpen“, lauten die Kernbotschaften des Vereins, der mit dem KlimaInvestment-Preis ebendiese Dynamik befeuert. Im Rahmen der ersten Runde waren aus 40 Klimaschutzprojekten elf Nominierte herausgefiltert und vier Sieger gekürt worden.

Die Kriterien singen das Lied der Zeit und umrahmen ihre Herausforderungen fast schon plakativ. Nachhaltige Mobilität, Energieeffizienz, Investitionen und Verwendung von erneuerbaren Energien, Maßnahmen zur Kohlenstoffbindung, Maßnahmen zur Förderung von Biodiversität und Initiativen zur Kreislaufwirtschaft. „Es war keine leichte Entscheidung bei der Vielzahl an spannenden Projekten, aber ich bin mir sicher, dass wir mit den vier Gewinnern die richtige Entscheidung getroffen haben“, sagte der ehemalige EU-Kommissar und Juryvorsitzende Franz Fischler.

Wie die Kriterien die Ziele beschreiben, zeigen die elf Nominierten die Bandbreite des verantwortungsvollen Wirtschaftens auf. Die Projekte reichen von der Mobilitäts-App Naturtrip Tirol „Urlaub ohne Auto endlich möglich“ des Tourismusverbandes Wilder Kaiser über das vegane und auf hauseigene Permakultur bauende Restaurant „Guat’z Essen“ in Stumm im Zillertal, die Schmittenhöhe AG in Salzburg mit ihrem Bewirtschaftungskonzept zur Steigerung der ökologischen Vielfalt bis hin zum Seiser Alm Marketing mit dem Konzept für Investitionen in Nachhaltigkeitsprojekte auf dem Weg zum klimaneutralen Skigebiet oder der FONTIS luxury spa lodge aus Südtirol. Auf dem Podest landeten der Südtiroler Niedersteinhof mit seinem Projekt „Wohnen, leben, genießen – energieautarker und nachhaltiger Lebensraum“, das Kreislaufwirtschaftsprojekt „ReparaturKulturCafé“ in Innsbruck und das Konsortium Carezza Dolomites, das die ganze Region und alle Stakeholder in den Nachhaltigkeitsprozess involviert. Es sind echt viele fantasievolle und bunte Wege, die in die gute Zukunft eingeschlagen wurden beziehungsweise werden können. Ähnlich konzipierte Preisreigen, wie der Nachhaltigkeitspreis TRIGOS oder der Change Award der Lebensraum Tirol Holding, präsentieren auch regelmäßig diesbezügliche Leuchttürme der Tourismusbranche.

Es tut sich viel an vielen Orten und der Sieg beziehungsweise der erste KlimaInvestment-Preis ging an die Allgäuer Destination Bad Hindelang Tourismus für das Projekt „EMMI-MOBIL“. Mit diesem elektrisch betriebenen Rufbussystem wurde die nachhaltige Vor-Ort-Mobilität in der Region auf ein völlig neues Level gehoben und Hindelangs Bürgermeisterin Sabine Rödel stellte fest: „Bad Hindelang ist laut Weltgesundheitsorganisation WHO einer der Orte mit der besten Luft weltweit. Damit das so bleibt, müssen wir uns der Mobilitätswende stellen und uns ernsthaft und glaubwürdig engagieren und positionieren. Mit EMMI-MOBIL treiben wir die kommunale Klima- und Mobilitätswende auf Basis unseres Lebensraumkonzepts weiter voran und gehen als nachhaltiger Tourismusort mit Vorbildfunktion vorweg.“

Schlüssel zur Wende

Mobilität ist ein Knackpunkt in allen nachhaltigen Tourismuskonzepten. Einer Schätzung der Welttourismusorganisation UNWTO zufolge ist die Tourismusbranche für rund fünf Prozent aller weltweiten CO2-Emissionen verantwortlich. Drei Viertel aller CO2-Emissionen im Tourismus werden dabei vom Verkehr verursacht. Wenig überraschend gehen 40 Prozent auf die Kappe von Flugreisen. In der im Dezember 2018 vom Umweltbundesamt veröffentlichten Treibhausgasbilanz wurde beispielsweise der Ski- und Sommerurlaub in Österreich mit Urlauben verglichen, an deren Beginn und Ende ein Kurz- oder Langstreckenflug steht. „Werden bei einem Flug auf die Malediven pro Person und Tag ca. 426 Kilogramm CO2 verursacht, sind es bei einem Flug nach Spanien ca. 138 Kilogramm. Bei Winter- oder Sommer-

urlaub in Österreich stammen zwischen drei und 21 Kilogramm aus der An- und Abreise – je nachdem, ob mit der Bahn oder mit dem PKW angereist wird“, heißt es in dem Factsheet des Bundesumweltamtes. Nur etwa neun Prozent der Österreich-Gäste nutzen jedoch die Bahn und spätestens wenn es um öffentliche Transportmittel geht, wird klar, wie sehr das nachhaltige Mobilitätsproblem des Tourismus eines der öffentlichen Hand respektive der Politik ist.

Wenn keine praktikablen Alternativen zur Verfügung stehen, verzichten weder Gäste noch Einheimische auf das Auto. Einer Gastfamilie mit dem Skigepäck am Buckel macht es genauso wenig Spaß, zigmal umsteigen zu müssen, wie einer Tiroler Familie, die den Wocheneinkauf per Bahn und Bus erledigen will. Ganz schön oft verschwimmen die Anforderungen an die Tourismusbranche mit jenen an Bund, Länder und Gemeinden, die diese Infrastrukturen organisieren und zahlen müssen. Sie sind teuer und sie sind ein Schlüssel zur Wende.

Kein Wunder also, dass die CO2-freie Bewegungsfreiheit einen Fixplatz in allen Plänen, Papieren, Einrichtungen und Abteilungen einnimmt, die sich dem nachhaltigen Tourismus widmen. Im 2021 präsentierten Tiroler Weg, der Tiroler Tourismusstrategie, die den Perspektivenwechsel im Schatten von Corona und Klimawandel dirigiert, sind die Themen Anreise und Vor-Ort-Mobilität so fett wie grün geschrieben – und die Ziele sind nicht minder groß. „Damit wird der Weg, den die Tirol Werbung schon 2012 mit dem Projekt „Tirol auf Schiene“ eingeschlagen hat, konsequent weiterverfolgt. Im nächsten Schritt soll die öffentliche Anreise der Gäste auf 20 Prozent bis 2035 gesteigert werden. Bei der Vor-Ort-Mobilität wird bis 2035 eine 100-prozentige Nutzung regenerativer Antriebsformen angestrebt“, heißt es dazu aus der Tirol Werbung, wo die neue Chefin Karin Seiler vor rund einem Jahr auch mit dem Plan einer tirolweiten Gästekarte für den öffentlichen Verkehr startete.

Anfang Jänner 2023 wurde im Rahmen des gemeinsamen Neujahrsausblickes von Tirol-Werbung-Chefin Karin Seiler und Tourismuslandesrat Mario Gerber die Neustrukturierung der Tirol Werbung beziehungsweise die Einrichtung des „Future Labs“ präsentiert, das sich – nomen est omen – den Herausforderungen der Zukunft widmen soll. Noch ist wenig Konkretes aus diesem Labor gedrungen, doch im Rahmen der Pressekonferenz wurde auch die Einrichtung eines Nachhaltigkeits-Kompetenzzentrums angekündigt, in dem sich Mitarbeiter*innen um Themen wie Arbeitskräftemehrbedarf, Tourismusgesinnung, Klima und Mobilität kümmern.

Ein wenig greifbarer wurden die Tourismusziele des Landes bei der ITB Berlin, die nach vierjähriger Pause vom 7. bis 9. März 2023 wieder stattfinden konnte – unter dem trefflichen Motto „Open for Change“. „Wir müssen den Tourismus nachhaltiger und resilienter aufstellen, nachdem er in den letzten Jahren die größte Krise erlebt hat und nun wieder Schwung aufnimmt“, hatte der deutsche Vizekanzler Robert Habeck bei seiner Eröffnungsrede die diffizilen Aufgaben, die jüngsten Zäsuren und die große Erleichterung in Worte gefasst, die Touristiker*innen und Destinationen weltweit vereinen – und auf Trab halten. „Was sich in den letzten Jahren – nicht zuletzt aufgrund des Klimawandels – geändert hat, sind die Bedürfnisse und Wünsche der Gäste. Es wird mehr Wert auf Nachhaltigkeit, bewusstes Reisen und Regionalität gelegt, weshalb Tirol diese Themen bei der diesjährigen ITB in den Fokus gerückt hat. Für den Erfolg des Tourismuslandes ist es meiner Meinung nach wesentlich, sowohl auf die Bedürfnisse der Gäste als auch auf jene der Einheimischen einzugehen“, weiß Mario Gerber, der als politisch Verantwortlicher auch in puncto Mobilität entscheidend, aber nicht zu beneiden ist. Die alte, durchaus PS-gesteuerte Denke in eine umweltfreundliche dekarbonisierte und damit per se auch entschleunigte zu verwandeln, ist ein Klima-Kraftakt, einer von vielen zwar, aber ein entscheidender. Deswegen war das „umweltbewusste Reisen“ auch eine der drei Hauptsäulen bei der ITB Berlin.

Während gerade bei der Mobilität die großen Stellschrauben in der „großen Politik“ gestellt werden und die Umsetzungsgeschwindigkeit erfahrungsgemäß schneckenschnell ist, sind es die kleinen Schritte, die den Funken der Hoffnung zünden. Tourismusbetriebe, die den Gästen einen Preisnachlass für die nachhaltige An- und Abreise gewähren beispielsweise, oder solche, die diese verantwortungsvolle Reise vom Wohnzimmer zum Gästezimmer und zurück friktionsfrei organisieren, oder Beispiele wie das Emmi-Mobil in Hindelang oder die Dödlinger Touristik GmbH in Fieberbrunn. „Bei Busunternehmen denken viele an die alten Stinker, dabei kann man mit Busreisen in puncto Umweltfreundlichkeit richtig glänzen“, sagt Sophie Brunner. Sie personifiziert die vierte Generation in der Dödlinger Touristik GmbH, mit der seit vielen Jahren von Fieberbrunn aus die Welt erobert werden kann – ob über das Reisebüro oder in den Bussen des Familienunternehmens.

In modernen Bussen zu reisen, ist nicht nur von entspannter Sorglosigkeit geprägt, sondern auch dadurch, dass es kaum ressourcenschonender geht. „Mit einer durchschnittlichen Auslastung von 60 Prozent verbraucht der Reisebus pro Fahrgast sensationelle 1,4 Liter auf 100 km. Zum Vergleich: Ein Auto verbraucht durchschnittlich 6 Liter und ein Flugzeug 5,6 Liter Treibstoff auf 100 km“, heißt es auf der Homepage der Dödlinger Touristik (doedlinger-touristik.com), wo der Button „Grünreisen“ viel Spannendes bereithält, das auch überrascht. Und das nicht nur, weil damit der Imageknopf im Kopf elegant zerschlagen wird. Den der Coronakrise geschuldeten Stillstand nutzte das Unternehmen, um neue umweltfreundliche Dynamiken anzustoßen, mit denen das 15 Mitarbeiter beschäftigende kleine, aber feine Unternehmen zu einem Vorreiter wurde.

Seit 2021 hat die Dödlinger Touristik als erstes Busunternehmen und Reisebüro Westösterreichs die Lizenz, nachhaltige Reisen mit dem Österreichischen Umweltzeichen zu zertifizieren, damit ein Zeichen für den aktiven Umweltschutz zu setzen und das Ziel zu verfolgen, umweltfreundliche Reiseangebote zu schaffen, die zum Klimaschutz beitragen. Friedensreich Hundertwasser hat das Umweltzeichen entworfen, das für diesbezüglich bewusste Kunden ein vertrauenswürdiger Magnet ist, weil strenge Umweltkriterien erfüllt werden müssen, um es entsprechend stolz tragen und damit werben zu dürfen.

Bei einer Reise, die mit dem Umweltzeichen zertifiziert wurde, müssen auch die Unterkünfte entsprechende Umweltkriterien erfüllen und die Aktivitäten vor Ort dürfen nicht mit einem hohen Ressourcenverbrauch verbunden sein. „Wir haben beispielsweise auf Elba ein Ökohotel gefunden. Das ist super. Bei Pauschalreisen ist es zwar schon so, dass die Leute nachhaltig reisen wollen, die Preise aber doch eine Hemmschwelle sind“, sagt Sophie Brunner, die zwar weiß, dass das Bewusstsein noch breiter geschärft werden muss, aber davon überzeugt ist, dass die Zukunft dem umweltzertifizierten Reisen gehört. „Es ist ein Prozess“, sagt sie zur allgemeinen Dynamik, die auch für das Unternehmen zutrifft: „Man fängt an und arbeitet stetig weiter daran.“

Das ist der Rhythmus. Schnell geht beim großen Umbau gar nichts. Selbst wenn wirklich alle Anzeichen nach einem Turbo schreien. Der verlorene Galtürer Gipfel ist dafür ein dramatisches Symbol.

Text: Alexandra Keller

Fotos: Tom Bause

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