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Life

Ode an Südtirol

13.9.2024

Südtirol ist Genuss und das quasi überall. In den Tälern, am Berg, in den traditionellen Gasthäusern, in der Sterneküche und überall dazwischen. Die Kulinarik der Region verschmilzt dabei die bodenständige, herzhafte Küche des Nordens mit der raffinierten mediterranen Leichtigkeit des Südens. Der Genuss beginnt dabei schon bei den Grundprodukten: Obst und Gemüse aus den sonnenverwöhnten Tälern, Milch von Kühen, die auf saftigen Almwiesen weiden, und Fleisch von Tieren, die in der reinen Bergluft aufgezogen werden. Diese hochwertigen Lebensmittel bilden die Grundlage für traditionelle Gerichte, die oft von Generation zu Generation weitergegeben wurden, ebenso wie für moderne, innovative Kompositionen, die Anlehnung an der großen weiten Welt nehmen.

Es ist vor allem die Liebe zur Heimat, die sich auf den Tellern des Landes zeigt. Regionalität und Nachhaltigkeit sind hier keine leeren Hülsen, sondern täglich gelebte Realität. Durch Einkochen, Fermentieren, Trocknen oder Räuchern werden die Saisonen haltbar gemacht. Auch wenn diese Saisonen durchaus unterschiedlich sein können, wie etwa Georg Steurer, Wirt und Küchenchef des Gasthof Schaurhof in Sterzing, bemerkt: „Regionalität geht oft gewaltig auseinander. Wenn in Kaltern schon der Schnittlauch sprießt und der Thymian aufgeht, haben wir noch einen dreiviertel Meter Schnee im Garten. Ich sehe oft bei Kollegen, dass die in Brixen schon einen schönen Kräutergarten haben und bei mir ist noch alles gefroren und wir haben das Haus voller Skifahrer.“ Das Kochen mit der Natur ist eine Herausforderung. „Auch die Gemüsebauern hatten’s heuer nicht leicht, weil es so lang kalt war“, sagt Steurer. Letztlich ist es jedoch dieser Schulterschluss zwischen Landwirtschaft und Gastronomie, der die Region – touristisch im Allgemeinen und kulinarisch im Speziellen – so erfolgreich macht. Die Landwirte liefern höchste Qualität, die Küchenchefs wissen sie zu behandeln und haben gelernt, mit der Natur und all ihren Spielarten umzugehen. Immer wieder entwickeln sich daraus auch einzigartige (Gemeinschafts-)Projekte wie jenes des Villnösser Brillenschafs. Oskar Messner, der hauptsächlich in seinem Restaurant Pitzock in Villnöss werkt, war maßgeblich an dessen Gründung beteiligt. Das ist mittlerweile rund 16 Jahre her. Ziel war und ist die geregelte Vermarktung des Villnösser Brillenschafes, den teilnehmenden Landwirten werden eine fixe Abnahmemenge und fixe Preise garantiert. Damit konnte nicht nur die Anzahl der Muttertiere im Tal mehr als verdoppelt werden, die Schafe haben auch wesentlichen Anteil daran, die herrliche Naturlandschaft zu erhalten, indem sie etwa die steilen Hänge der Region abgrasen, die sonst kaum zu pflegen wären. Außerdem hat die Gruppe um Oskar Messner vor fünf Jahren die historische Kofelwiese wieder aufleben lassen: „Ein echt magischer Ort fernab von touristischen Strömungen im Tal“, so Oskar. Kilometerweit erstreckt sie sich über hochalpines Gelände, die Stille und das friedliche Sein hoch oben im Nirgendwo sind fantastisch, die grasenden Schafe ein Ruhepol.

Die Initiative rund ums Villnösser Brillenschaf war schließlich derart erfolgreich, dass auch die Macher von Slow Food davon überzeugt werden konnten. Vor 13 Jahren hat die autochthone Rasse Villnöser Brillenschaf das Prädikat „Presidi Slow Food“ erlangt, mittlerweile ist Villnöss sogar Travel-Slow-Food-Region. Weltweit gibt es rund 400 Produkte, die die Auszeichnung „Presidi“ und damit das begehrte Logo mit der Schnecke tragen dürfen.

Bewahrer der Esskultur

Slow Food ist eine internationale Bewegung, die sich für die kulinarische Vielfalt und Bewahrung und Förderung regionaler Lebensmittel, nachhaltiger Landwirtschaft und traditioneller Esskulturen einsetzt. Die Initiative wurde 1986 in Italien von Carlo Petrini gegründet, als Reaktion auf die zunehmende Verbreitung von Fast-Food-Ketten und die damit einhergehende Industrialisierung und Standardisierung der Lebensmittelproduktion.

Slow-Food-Produkte spiegeln ihre Region wider, die Eigenheiten der Natur und den Charakter der Menschen, die mit viel Geduld, Neugierde und Hingabe Traditionen bewahren, wiederbeleben oder neue kreieren. In Südtirol gibt es insgesamt sechs Slow-Food-Förderkreise, die das traditionelle Lebensmittelhandwerk erhalten sollen. Neben dem Villnösser Brillenschaf dürfen auch der Ahrntaler Graukäse, die Altreier Lupine sowie das Vinschger Ur-Paarl die Auszeichnung „Presidi Slow Food“ tragen, auch das heimische Grauvieh und das Schnalser Schaf befinden sich im Slow-Food-Zirkel und sind sohin schützenswerte Originale der Region. Einige weitere Produkte wie die Vinschger Marille, der Rosenmuskateller, der Stilfser Käse oder der Ziger, eine Art Ricottakäse, hergestellt aus Kuhmilch (der Name ist etwas irreführend), wurden zudem ins Verzeichnis der „Arche des Geschmacks“, einen globalen Katalog der biologischen Vielfalt von Lebensmitteln, aufgenommen. Sie alle fangen den Geschmack Südtirols ein – nebst vielen anderen einzigartigen Produkten. Wir lieben den Kalterer Plent, einen tollen Polenta, der übrigens super mit dem hier ebenso heimischen Kalterer See harmoniert, die kleine, süße Barbianer Zwetschke und natürlich den gschmackigen Südtiroler Bauernspeck. Er ist die Extraklasse der Speckproduktion g.g.A. (geschützte geografische Angabe) Südtirols und darf lediglich von vier Herstellern produziert werden, die sich dafür an strenge Regeln aus der bäuerlichen Tradition halten müssen. Entsprechend ist er auch nur in begrenzten Mengen erhältlich. Am besten aber, Sie schmecken sich selbst durch die Region und all ihre Prächtigkeiten. In der Printausgabe finden Sie zahlreiche Inspirationen dazu.


Text: Marina Bernardi

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