Seit dem Jahr 1967 verleiht die ZV-Zentralvereinigung der Architekt*innen Österreichs einmal jährlich den Bauherr*innenpreis. Denn hinter jedem realisierten Projekt stehen nicht nur Architekt*innen und ausführende Unternehmen, sondern auch mutige, innovative, zukunftsorientierte Auftraggeber*innen. Mit dem Preis werden herausragende Bauten, Freiraumgestaltungen sowie städtebauliche Lösungen der letzten drei Jahre gewürdigt, die sich besonders durch die intensive Zusammenarbeit zwischen Bauherr*innen und Architekt*innen auszeichnen. Ein Großteil der mehr als 300 bisher ausgezeichneten Bauten ist zu einem fixen Bestandteil des Kanons der österreichischen Architekturgeschichte der jüngeren Vergangenheit geworden.
Der Preis ist im deutschsprachigen Raum einmalig und honoriert Persönlichkeiten oder Personenkreise, die sich um die Baukultur in besonderer Weise verdient gemacht haben. Im vergangenen Jahr wurden insgesamt 119 Projekte eingereicht, aus denen die Nominierungsjurys in den Bundesländern 23 Projekte ausgewählt haben. Aus diesen wiederum ermittelte die Hauptjury, bestehend aus Gabriele Kaiser (Architekturpublizistin, Wien), Armin Pedevilla (Architekt, Bruneck) und Yves Schihin (Architekt, Zürich), die Preisträger*innen des ZV-Bauherr*innenpreises 2024. Die prämierten Projekte sind dabei nicht nur architektonisch überzeugend, sondern jedes auf seine ganz eigene Art zukunftsweisend und nachhaltig. Die Bauten sind nicht Selbstzweck, sondern liefern auf unterschiedliche Weise einen Mehrwert für die Gesellschaft, die Umwelt oder die Baukunst, kurzum für die Baukultur. „Der 1967 erstmals vergebene ZV-Bauherr:innenpreis ist vielleicht der einzige Preis in Österreich, der eine erweiterte Sicht auf Architektur explizit einfordert. Diese erweiterte Perspektive hat ihre Aktualität nicht eingebüßt: Auch in der aktuellen Ausgabe steht der Preis für die Überzeugung, dass Architektur ihre gesellschaftliche Relevanz am wirksamsten in einer Kultur des Dialogs entfalten kann, in der sich die Vorstellungen von Auftraggeber*innen bzw. Nutzer*innen und die konkreten Planungsleistungen von Architekturschaffenden gegenseitig stärken“, so ein Auszug aus dem Resümee der Hauptjury. In Tirol wurde neben dem Ágnes-Heller-Haus der Universität Innsbruck der Buchhammerhof Martinsbach im Kaunertal ausgezeichnet. Der Hof zeigt exemplarisch, wie eine kreative Zusammenarbeit zwischen dem Bauherrn, konkret der Familie Buchhammer, den Architekten Harald Kröpfl und Peter Nagelschmiedt sowie dem Bundesdenkmalamt gelingen kann.
Neues Leben in alten Gemäuern
Das Verschwinden bäuerlicher Strukturen wird häufig beklagt, aber selten verhindert. Im Kaunertal hat ein privater Bauherr mit großer Passion für das Kulturerbe der Region die Initiative ergriffen und einem brachliegenden Doppel-Paarhof neues Leben eingehaucht. Der 1890 hangparallel über gemauertem Steinsockel errichtete Holzblockbau zeigt in seiner Anordnung zweier spiegelgleicher Haushälften die für das Tiroler Oberland typische Realteilung in der Erbfolge, bei der ein Hof unter allen Nachkommen aufgeteilt wurde – in diesem Fall für zwei Söhne. Ein Nachfahre der Familie Falkeis (ihr Name ist über zwei Kammertüren verewigt) bewirtschaftete den Hof bis 2009, danach stand er verwaist. „Ich musste Haus und Hof einfach retten“, sagt der handwerklich universal begabte Wilhelm Buchhammer, der die Liegenschaft 2017 erwerben konnte, weil er als Fischzüchter selbst einen landwirtschaftlichen Betrieb führt. Heute birgt der Hof eine hauseigene Schnapsbrennerei im Keller, drei Ferienwohnungen im Erd- und Obergeschoß sowie die eigene Familienwohnung unter dem Dach.
Da die zunächst eingeholten Vorschläge eines Tourismusplaners überhaupt nicht den Vorstellungen einer sanften Wiederbelebung entsprachen, wandte sich Buchhammer an ein Architekturbüro, von dem er viel Positives über „den Umgang mit alten Häusern“ gehört hatte. Man verstand sich auf Anhieb und holte als dritten Partner das Bundesdenkmalamt in Person von Michaela Frick und Walter Hauser an Bord. Diese proaktiv eingeleitete Unterschutzstellung ist dem Bauherrn ein besonderes Anliegen: „Der Hof kann jetzt nicht mehr abgerissen werden, keiner kann ihn mehr kaputtmachen.“
Für eine zeitgemäße Nutzung des Bestands waren nur wenige Eingriffe nötig: Eine zusätzliche Erschließung liegt an der nördlichen Traufseite, eine Stahltreppe schreibt in der Mitte des Hauses die ursprüngliche Teilungsidee des Hofs fort. Zwei neue Fensteröffnungen mit vorgelagertem Sitzbereich geben die neue Nutzung nach außen zu erkennen, hinter dem Lattenkleid des Ostgiebels weitet ein Panoramafenster den Blick übers Tal. Auch im Inneren wurde alles noch Verwendbare vom Bauherrn und seinem Vater eigenhändig und mit Sachverstand hergerichtet: die getäfelten Kammern, die Holzbalkendecken, die Riemenböden und die bauzeitlichen Öfen und Möbel. In dieser schrittweisen Erneuerung wurde bäuerliches Kulturerbe – unprätentiös und ohne Hang ins Museale – in die Gegenwart überführt.
Text: Marina Bernardi
Fotos: Peter Philipp