Der Oberländer Klaus Mader ist CEO beim börsennotierten österreichischen Konzern SBO, der sich mit Ölfeldausrüstung global einen Namen gemacht hat. Die Energiewende begreift Mader als Chance und hat die Unternehmensstrategie darauf ausgerichtet, auch in Geothermie, Flow Control und Additive Manufacturing zu punkten. Mader ist in Sorge um den Industriestandort Österreich und sieht das Land nur noch in der Qualität seiner Fachkräfte international voran.
eco.nova: Die geopolitischen Ereignisse überschlagen sich. Die Lage zwischen Israel und dem Iran ist ernst, der Iran ist seit langem sanktioniert, spielt aber als Erdöl- und Erdgasproduzent dennoch eine gewisse Rolle. Wirkt sich eine Eskalation im Nahen Osten unmittelbar auf Ihren Geschäftsgang aus?
Klaus Mader: Solche Entwicklungen beeinflussen den Ölpreis, der wiederum eine zentrale Rolle für Investitionsentscheidungen in unserer Branche spielt. Auch wenn wir nicht direkt vom Ölpreis abhängig sind, bewegen sich unsere Geschäfte in einem Umfeld, das stark davon geprägt ist. Ein stabiler Preisrahmen zwischen 70 und 90 US-Dollar pro Barrel schafft eine solide Grundlage für Investitionen. Kommt es zu erheblichen Preisschwankungen oder gar Versorgungsengpässen – etwa durch eine Blockade der Straße von Hormuz –, wirkt sich das auf die gesamte Branche und die Weltwirtschaft aus. Wir beobachten diese geopolitischen Risiken entsprechend genau. Durch unser globales Netzwerk und unsere Geschäftsbereiche sind wir grundsätzlich gut aufgestellt.
Der sogenannte Peak Oil wurde bereits um das Jahr 2000 vorhergesagt. Mittlerweile scheint es aber so, dass das Konzept seinen Peak überschritten hat. Spielt das Ölfördermaximum in den strategischen Überlegungen von SBO eine Rolle, oder ist das Konzept aus Ihrer Sicht überholt?
Die technischen Möglichkeiten zur Förderung von Öl und Gas haben sich in den letzten Jahrzehnten enorm verbessert. Parallel steigt die weltweite Energienachfrage, nicht zuletzt durch das Wachstum in aufstrebenden Volkswirtschaften wie Südostasien, Indien oder vielen afrikanischen Staaten. Auch die Digitalisierung und der technologische Fortschritt – etwa durch Rechenzentren oder KI-Anwendungen – treiben den Energieverbrauch weiter nach oben. Wir rechnen damit, dass Öl und Gas noch über viele Jahre hinweg eine wichtige Rolle spielen werden. Unsere strategische Ausrichtung berücksichtigt das genauso wie die wachsende Bedeutung erneuerbarer Energien.
SBO ist vor allem als Premium-Ölfeldausrüster bekannt. Welche Rolle kommt den Alternativenergien in Ihren strategischen Überlegungen zu?
Wir setzen auf eine technologieoffene Strategie. Die Energielandschaft ist im Wandel, Emissionen sollen reduziert werden und gleichzeitig Energiesicherheit gewährleistet bleiben. Gas wird dabei eine wichtige Rolle als Brückentechnologie spielen. Genauso sind aber Geothermie und Carbon Capture heute schon Teil unseres Portfolios wie traditionelle Bereiche. Es geht also nicht um ein Entweder-Oder, sondern um ein intelligentes Zusammenspiel unterschiedlicher Energiequellen. Wir investieren gezielt in Zukunftstechnologien und entwickeln dabei auch Lösungen, die unsere Kunden bei der Reduktion von Emissionen unterstützen. Das ist ein Beitrag zur Energiewende, den wir aus Überzeugung leisten.
Diversifizierung ist in einer Welt, die nicht nur in Sachen Energie stark im Wandel ist, das Gebot der Stunde. Was haben Sie sich diesbezüglich vorgenommen?
Unsere Kernkompetenzen liegen in der Verarbeitung von Hochleistungsmaterialien und in hochpräziser Fertigung. Um Ihnen ein Bild zu geben: Wir können einen zehn Meter langen Stahlrohling von beiden Seiten zugleich anbohren und die Bohrung trifft sich mit einer maximalen Abweichung von 0,1 Millimetern. Unsere Produkte werden unter extremen Konditionen eingesetzt, hoher Druck, hohe Temperaturen, hohe Korrosion. Diese Fähigkeiten wenden wir zunehmend auch in neuen Bereichen an, etwa in der Geothermie, beim 3D-Metalldruck oder im sogenannten „Flow Control“, das sind Systeme und Komponenten zur Steuerung und Kontrolle von Flüssigkeiten und Gasen. Diese Felder bergen großes Potenzial und ergänzen unser bestehendes Portfolio sinnvoll. Besonders im 3D-Metalldruck sehen wir enormes Wachstumspotenzial. Wir haben über die gesamte Prozesskette höchste Kompetenz, von der Metallurgie über den Druck bis zum Post-Processing. Wir arbeiten hier mit führenden Unternehmen der Luft- und Raumfahrt sowie der Halbleiterindustrie zusammen und liefern systemkritische Teile. Wir sprechen von einem industriellen Wandel, bei dem wir mit unserer Erfahrung und Innovationskraft aktiv mitgestalten wollen.
Sehen Sie die Energiewende durch eine ausgeprägte NIMBY (Not im my Backyard)-Mentalität gefährdet? Es wird hierzulande zwar gerne geredet, aber die Umsetzung konkreter Projekte gestaltet sich erfahrungsgemäß langwierig und schwierig. Dabei geht es meist um Wind- und Wasserkraft, von Dingen wie Fracking ganz zu schweigen.
Die Umsetzung von Infrastrukturprojekten ist in Europa häufig mit langen Genehmigungsverfahren verbunden. Für eine erfolgreiche Energiewende braucht es mehr Pragmatismus, technologischen Realismus und die Bereitschaft, neue Wege zuzulassen. Die Versorgungssicherheit darf dabei nicht aus dem Blick geraten. Aber ich bin der Erste, der sagt, dass die Energiewende kommen muss. Auch deshalb, weil ich darin für SBO große Chancen sehe. Wir müssen aber klug und umsichtig agieren. Der gesellschaftliche Dialog sollte dabei lösungsorientierter geführt werden, um nachhaltige Energieversorgung zügiger zu ermöglichen. Als Unternehmen haben wir uns in unserer Strategie klare Emissionsreduktionsziele gesetzt und vor zwei Jahren in Ternitz eine 7.000 Quadratmeter große PV-Anlage bauen lassen.
Das haben Sie aber nicht in erster Linie aus der Güte Ihres Herzens heraus gemacht, sondern deshalb, weil sich das betriebswirtschaftlich rechnet?
Vollkommen richtig! Wir tun alles, was technisch möglich und ökonomisch sinnvoll ist. Wir haben heute in allen Niederlassungen PV-Paneele installiert. Das macht Sinn.
Unsere moderne Gesellschaft ist auf Energie angewiesen, die Wirtschaft auf einen Energiepreis, der konkurrenzfähig ist. Das wird in der Diskussion um den Wirtschaftsstandort oft vergessen. Wir sind derzeit bei den Energiepreisen stark benachteiligt. Die österreichische Wirtschaft hat deutlich an Wettbewerbsfähigkeit eingebüßt. Machen Sie sich Sorgen um den Wirtschafts- und besonders Industriestandort?
Der Standort Österreich hat viele Stärken, etwa gut ausgebildete Fachkräfte. Gleichzeitig stehen wir vor Herausforderungen – bei Energiepreisen, bei der Bürokratie und bei Arbeitskosten. Diese Faktoren gilt es im internationalen Wettbewerb laufend zu überprüfen. Unsere Unternehmen benötigen Rahmenbedingungen, die Innovation und Investitionen ermöglichen. Wenn andere Standorte attraktivere Bedingungen bieten, geraten wir unter Druck, und das gilt es zu vermeiden.
Welche Faktoren sind dafür verantwortlich, dass der Wirtschaftsstandort so unter Druck steht?
Ich sehe vier Faktoren. Neben den hohen Energie- und Personalkosten ist insbesondere die regulatorische Komplexität eine große Herausforderung. Unternehmen brauchen verlässliche Rahmenbedingungen, um investieren und wachsen zu können. Wenn der administrative Aufwand überhandnimmt, wird unternehmerisches Handeln gebremst. Es braucht ein ausgewogenes Verhältnis zwischen notwendigen Auflagen und unternehmerischer Freiheit.
Wie bürokratisch ist dieses Land?
Der administrative Aufwand ist erheblich gestiegen. Nehmen wir das Beispiel der Nachhaltigkeitsberichterstattung. Da sind wir auf Grund der aktuellen Vorgaben von 70 Seiten im Vorjahr auf aktuell rund 200 gestiegen. Pointiert gesagt: Europa ist super beim Regulieren und schwach beim Stimulieren. Unser Engagement im ESG-Bereich ist groß, aber die Berichtspflichten sollten in einem vernünftigen Verhältnis zum Nutzen stehen. Wir stehen zu unserer Verantwortung, wünschen uns jedoch praktikable und zielorientierte Vorgaben, die uns nicht unverhältnismäßig binden.
Was ist der vierte und letzte Faktor, der den Wirtschaftsstandort gefährdet?
Es ist wichtig, eine leistungsfreundliche Kultur zu fördern. Engagement, Motivation und Weiterbildung sind entscheidend für die Innovationskraft und Wettbewerbsfähigkeit unserer Unternehmen. Dabei geht es nicht um Nostalgie, sondern um Zukunftssicherung. Wenn wir in Europa wirtschaftlich stark bleiben wollen, müssen wir gezielt in Bildung, Qualifikation und auch in die Motivation unserer Mitarbeitenden investieren. Das ist etwa in Vietnam noch ganz anders. Dort haben wir unseren Standort gerade um 4.000 Quadratmeter erweitert und sehen die Leistungsorientierung unserer lokalen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die sich durch mehr Verdienst ein besseres Leben erarbeiten möchten.
Das ist Ausdruck einer Aufstiegsgesellschaft, in der man es mit Motivation und harter Arbeit zu etwas bringen kann.
Absolut. Und von den sozialen Bedingungen her ist unser Standort in Vietnam auf einem ähnlichen Niveau wie in Österreich. Wir dürfen nicht vergessen, wir stehen in Europa im Wettbewerb mit der ganzen Welt. Nachdem wir im Vergleich nicht die billigsten sind, müssen wir punkto Qualität und Lieferzeit besser und schneller sein. Hier würden etwa flexiblere Arbeitszeiten helfen.
Sie haben sehr gut illustriert, woran es überall krankt. Was spricht denn dann überhaupt noch für Österreich?
Die hohe Qualität unserer Ausbildung, insbesondere das duale System, ist ein klarer Standortvorteil. Fachkräfte aus Österreich genießen international einen hervorragenden Ruf. Wir setzen stark auf Nachwuchsförderung und bieten jungen Menschen vielfältige Entwicklungsmöglichkeiten. Wir haben im Schnitt rund 30 Lehrlinge in Ternitz, das sind unsere Facharbeiter von morgen. Unsere Lehrwerkstatt, die wir seit fast 25 Jahren betreiben, ist ein Aushängeschild unseres Engagements. Das ist für uns ein Schlüssel zum Erfolg, denn am Ende entscheiden Qualität und Innovationskraft über Wettbewerbsfähigkeit – und hier haben wir noch immer einen Vorsprung.
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Zur Person
Nach achtjähriger Tätigkeit als Finanzvorstand übernahm der Tiroler Klaus Mader mit Jahresbeginn 2024 den Vorsitz des Vorstands (CEO) der Schoeller-Bleckmann Oilfield Equipment AG (SBO). Zuvor war Mader zehn Jahre in leitenden Funktionen bei Tyrolit tätig und sammelte umfassende Managementerfahrung in namhaften Unternehmen wie der Wienerberger Baustoffindustrie AG.
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Interview: Marian Kröll
Fotos: SBO, Alexander de Monte